Nach Friedrich von Amerling

Das Blumenmädchen („La Giardiniera“)

Details

Nach Probszt 391
Literatur:
Günther Probszt, Friedrich von Amerling. Der Altmeister der Wiener Porträtmalerei. Wien 1927;
vgl. Ausst.-Kat.: Friedrich von Amerling. 1803–1887, hrsg. von Sabine Grabner, Österreichische Galerie Belvedere, Wien, 26.3.–22.6.2003, S. 217, Nr. 67;
vgl. Ausst.-Kat.: L’Ottocento di Andrea Maffei, Museo Civico, Comune di Riva del Garda, 21. 6. – 30. 8. 1987, Milano 1987, S. 180 f.

Provenienz:
Johann Baron von Fürstenberg, verso handschriftlich auf Papierschild als Geschenk seiner Tante Aglaia vermerkt;
Privatbesitz, Berlin.

Beschreibung

Im September 1844 war auf der „Esposizione di Belle Arti“ in der Mailänder Brera ein Gemälde von Friedrich Amerling zu sehen, das für die Ausstellung der Marchese Girolamo d’Adda (1815-1881) zur Verfügung gestellt hatte. Girolamo d’Adda, von Berufs wegen Politiker, privat dilettierender Maler und Sammler, hatte bereits 1838 die dortige Ausstellung mit Amerlings berühmten Gemälde „Die Ruhe“ (Florenz, Galleria degli Uffizi, Inv. Nr. 1890, Probszt 428) bestückt; das 1844 ausgestellte Gemälde „La Giardiniera“ ist heute verschollen und war bisher nur durch einen Stich Caterina Piotti Pirolas bekannt, doch kann man nun durch das neu entdeckte Gemälde, das ein Zeitgenosse unmittelbar nach Amerlings 1837 entstandenem Original schuf, eine Vorstellung von dessen delikater Farbigkeit und Anmut der Dargestellten gewinnen. Es zeigt eine Blumenfrau – jene „Giardiniera“, die im Stadtbild der italienischen Metropolen in der Mitte des 19. Jahrhunderts allgegenwärtig war. Sie boten frisch geschnittene Blumen an, begrüßten mit einem Strauß den Frühling, waren meist von ärmlicher Herkunft, aber voller natürlicher Anmut, mit der sie Bewohner und Besucher gleichermaßen in ihren Bann zogen. Sie waren eine flüchtige Erscheinung, wie Schmetterlinge verschwanden sie sofort wieder, doch nicht ohne Eindruck zu hinterlassen.
Ein anonymer Rezensent der Ausstellung in Mailand fühlte sich bei dem Anblick von Amerlings Gemälde an die Blumenfrauen von Florenz erinnert und bewunderte ihre Anmut und Güte, aber auch den zarten Schmelz seiner Malerei. Diesen Reiz entfaltet auch unser Gemälde, auf dem die Blumenfrau vor dem Hintergrund eines üppigen, grünen Blattwerks in ihrem weißen Umhang gleichsam herausleuchtet. Es ist die Farbe Marias, die auf ihre Keuschheit und Unbeflecktheit verweist – nicht von ungefähr inszeniert Amerling seine Blumenfrau in der Pose einer Madonna voller Reinheit und Unschuld. Ihre zweigeteilten Augen – das linke schaut auf den Betrachter, während das rechte wie bei Maria „himmelnd“ nach oben gerichtet ist – wissen aber bereits mehr – wir wären nicht im 19. Jahrhundert, wenn nicht auch ein Schuss erotische Aufladung hinzukäme: „Er versteht auch seine Macht zu gebrauchen, seine Frauen alle in eine Situation zu bringen, die sie dem Irdischen gerade so viel entrückt, um neben dem bewunderten Wesen einer höheren Welt noch das reizende Kind der Erde mit Verlangen anzublicken“, heißt es 1839 im „Österreichischen Zuschauer“. Darin liegt das Geheimnis von Amerlings Menschendarstellung, die auch unserem Gemälde innewohnt – es ist die bildliche Verneigung vor der Schönheit der Frauen und feiert ihre Jugendlichkeit: „Wir haben hier das Bild der weiblichen Anmut und Schönheit mit dem anderen Bild der Blumen vereint, die auch das ständige Symbol für mich sind, sowohl in ihrer kurzen Pracht als auch in ihrer schnellen Vergänglichkeit. Ja, wie die Blumen verwelkt die Schönheit einer Frau in kurzer Zeit und verschwindet vor Einbruch der Nacht! Doch solange wir uns unserer Jugend erfreuen, solange das Glück uns hold ist, mögen die Blumen mit ihrem Duft und ihren bunten Farben, mögen die Anmut und die Schönheit der Frauen weiterleben!“, schreibt der anonyme Rezensent in Mailand. Die Analogie zwischen der gelben, vor dem Erblühen stehenden Tulpe und der jugendlichen Schönheit der Frau ist die tragende Botschaft des Gemäldes – wie die Blumen schnell wieder verwelken, ist zwar auch die Schönheit der Frau vergänglich, doch muss man diesen Moment der Flüchtigkeit feiern.
In Privatbesitz existiert eine weitere, bereits 1836 entstandene Variante des Motivs (Grabner 2003, Nr. 67). Es sind solche anspielungsreichen Gemälde aus Frömmigkeit und Moral, in denen Amerling von Schönheit und Jugendlichkeit, auch von Anmut und Demut erzählt, verbunden mit einem zarten malerischen Schmelz und delikater Farbigkeit. Mit ihnen traf Amerling den Geschmack der Zeit und war in ganz Europa gleichermaßen bei Adel und Bürgertum gefragt.
Peter Prange

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