Details

Literatur:
Vgl. Henry Thode (Hrsg.): Klassiker der Kunst, Bd. XV, Thoma. Des Meisters Gemälde in 874 Abbildungen, Stuttgart/Leipzig 1909, S. 81, mit Abb.

Provenienz:
Privatsammlung, Bad Säckingen;
Auktionshaus Kaupp, Sulzburg, 24.9.2015, Los 3325;
Privatsammlung, Schweiz.

Beschreibung

Im Jahr nach seiner ersten Italienreise lernte Thoma im Münchner Atelier des Künstlerkollegen Victor Müller seine zukünftige Frau Cella kennen. Trotz des Altersunterschieds von zwanzig Jahren wurde sie zu seiner großen Liebe. In seinem Jahresrückblick schreibt Thoma: „München 1875. Für mich begann der schönste Frühling voll Blumen und Liebe. Ganz sorg- und rücksichtslos gab ich mich der Natur hin, und dem, was sonst wohl Leichtsinn gewesen wäre, hielten tiefe ernste Entschlüsse die Waage. Im Herbst fing meine Cella an, bei mir zu malen (Los 148). An Weihnachten 1875 nahm ich Cella mit mir nach Säckingen. Es war eine Entscheidung.“ Diese kleine Ölskizze entstand 1876, ein Jahr darauf wurde schon die Hochzeit vollzogen.
Ein verhangener, schwül rot gefärbter Himmel verheißt selten Gutes. Im Zentrum der Komposition steht Cella, die eine Margerite vor sich in ihren Händen hält. Nach der Sequenz „er liebt mich, er liebt mich nicht, er liebt mich, …“ zupft sie ein Blatt nach dem anderen aus. In ihr schwärmerisches Spiel versunken, merkt sie nicht, dass der Tod hinter ihr lauert und ihr beim Befragen des Blumenorakels mit seinen leeren Augenhöhlen zuschaut. Das tradierte Motiv findet sich bereits bei den altdeutschen Meistern wie Hans Sebald Beham oder Hans Baldung, bei denen das Mädchen in seiner kindlichen Naivität den personifizierten Tod erst wahrnimmt, als er sie schon am Haarschopf gepackt hat. Auch hier macht der Knochenmann durch sein zwangsläufiges Grinsen dem Betrachter sein Vorrecht an der jungen Frau deutlich. Jedoch weicht Thoma auch im Bild nicht von der Seite seiner eben angetrauten Cella, legt seinen linken Arm schützend um ihre Schulter. Doch kommt wie auf Kommando der Liebesgöttin schon ihr Gehilfe mit grünen Libellenflügeln daher. Ein possierlicher, aber kampflustiger Amor schwebt über die Liebenden hinweg, lüftet dem Tod seinen breitkrempigen Hut und zielt mit seinem goldenen Pfeil auf dessen Schädel. Bei der Waffe könnte es sich ebensogut um einen spitzen Pinsel handeln, der auch Thoma und seiner Schülerin gut in der Hand lag und mit dem beide umzugehen wussten. Erkenntlich wird jetzt, dass Thoma in der linken Hand ein Skizzenbuch hält – die Malerei als Waffe und zugleich als Schutzmantel kann den Tod überwinden oder zumindest auf Distanz halten. Letztendlich steht über dem kleinen Bild in großen Lettern geschrieben: „Omnia vincit amor“. Die Liebe wird siegen – ein passender Wahlspruch fast wie das Ehegelübde. Wohl anlässlich der Eheschließung im folgenden Jahr malte Thoma eine zweite Version, dieses Mal mit blauem Himmel und wehenden, herbstbraunen Ahornblättern (Thode 81).

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