Fernand Léger

Composition: l’homme au vase

Details

Mit einer Expertise von Irus Hansma, Paris, vom 5.3.2007. Das Werk wird in das in Vorbereitung befindliche Werkverzeichnis der Arbeiten auf Papier aufgenommen.

Provenienz:
Artcurial, Paris, 2.4.2007, Los 47;
Privatsammlung, Europa, bei Vorgenannter erworben.

Beschreibung

Die Gouache diente vermutlich als Vorarbeit für das nahezu identische Gemälde „L’enfant et le vase tricolore“ aus dem selben Jahr. Die kleine bunte Szene verrät nicht allzu viel: Ein Kind bzw. ein Mann in blauweiß kariertem Hemd mit grünen Ärmeln betrachtet interessiert eine große, kostbare, blauweißrot glasierte Vase mit Perlendekor in einem Schaufenster.
1938 schreibt Léger den umfassenden Essay „Couleur dans le monde“, in dem er sich mit der Farbigkeit der Architektur und des Alltags sowie deren Wirkung auf die Menschen auseinandersetzt. Insbesondere beschreibt er das Verlangen nach Farbe nach den dunklen und farblosen Jahren des Ersten Weltkriegs. „Farbe ist eine Lebensnotwendigkeit, ein Lebenselement, das wir kaum weniger missen können als Wasser oder Feuer. Ein farbloses Dasein übersteigt die Möglichkeit meiner Vorstellungskraft. Die Natur beschenkt Pflanzen und Tiere mit Farben; der Mensch gefällt sich in bunten Gewändern. (…) Der Krieg war grau, verlangte nach Tarnung. Licht, Farbe und Klang wurden unter Todesstrafe verboten. Man lebte schweigend, tastet sich durch die Nacht. Alles, was das Auge hätte wahrnehmen können, war verbannt, musste verschwinden. Niemand sah ihn, den Krieg. Wir hatten uns alle verborgen, versteckt, krochen, schmutzig-grau wie die Erde, auf allen Vieren und führten ein Leben, wie es auch ohne Augen möglich gewesen wäre. (…) 1918 – Friede! Der Mensch, den die letzten vier Jahre überfordert, bis zum Äußersten angespannt und entpersönlicht haben, hebt endlich den Kopf, öffnet die Augen, schaut, entspannt sich und findet am Leben wieder Geschmack. (…) Die Kinder gewöhnen sich übrigens schnell an den heutigen Farbentumult, in den sie hineingeboren werden und in welchem sie aufwachsen wie die Fische im Wasser, denn sie haben die sanften Grisaillen und seinen Nuancen, mit denen man vor dem Krieg Ton auf Ton abzustimmen verstand, nicht erlebt. (…). Alle Welt verlangt nach Intensität. Geschwindigkeit ist das Grundgesetz des heutigen Lebens. Wir befinden uns in einer Zeit des Übergangs. Nehmen wir sie, wie sie ist! Aber übersehen wir dabei nicht, dass aus diesem Chaos bereits ein frisches künstlerisches Leben entstehen will: Eine neue Ordnung drängt empor. Die Straße mit ihren Schaufenstern und Geschäftsauslagen beginnt sich irgendwie zu organisieren. Ein Wille zur Übersicht setzt sich durch. Wo man früher ungezählte Gegenstände übereinander gehäuft hat, bringt man jetzt kunstvoll zehn Artikel zur Geltung, und dieses neue Schaufenster wirkt nicht minder attraktiv, ja viel anziehender als das bisherige Durcheinander. Qualität ist an die Stelle der Quantität getreten, denn die Händler haben verstehen gelernt, dass das, was sie feilbieten, einen künstlerischen Wert besitzt, den man durch eine günstige Präsentation hervorheben kann.“ (Fernand Léger, zit. nach: Ausst.-Kat. Fernand Léger, 1881-1955, Staatliche Kunsthalle Berlin, Berlin 1980/81, S. 372 ff.). Vielleicht war es eben jener Gedanke, der Léger wenige Jahre vor dem Schreiben seines Essays zu der Schaufensterszene mit der blauweißroten Vase inspirierte. – Schwach gebräunt, teils minimal lichtrandig, geringfügige Fleckchen, leicht berieben, vereinzelte schwache Knickspuren und Griffknicke, Ecken teils minimal bestoßen, sonst gut.

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