Details

Provenienz:
Privatsammlung, Steiermark.

Beschreibung

Zitat
„Ich wollte eigentlich Malerei studieren, aber durch einen Zufall wurde ich Bildhauer. Daher fing ich an, darüber nachzudenken, was Bildhauerei heute sein könnte. Dies führt mich zur Suche nach der Leere, Möglichkeit und Volumen, (…), den Grundqualitäten von Bildhauerei.

Erwin Wurm, in: Ausstellungskatalog Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau, München, S. 15.

Erwin Wurms Nachdenken darüber, was Bildhauerei heute sein könnte, beginnt in den 1980er Jahren mit seinen Verformungen. Er arbeitet mit vorgefundenen dreidimensionalen Gegenständen wie Kannen, Kanistern oder Eimern. Den Objekten gemeinsam ist ihre Beschaffenheit, sie sind aus Blech und daher verformbar. Wurm findet in ihnen Volumen, die er mit dem Hammer bearbeitet oder zerquetscht. Folglich entsteht ein platter Gegenstand, vormals war das Gefäß eine Hülle, die einem Volumen – einem Raumkörper – seine äußere Grenze gab und es definierte. Der Bildhauer transformiert diesen Körper und schafft ein zweidimensionales Artefakt. Dick mit Farbe bepinselt, zeigt die Oberfläche nun eine völlig neue optische Qualität.
Anfang der 1990er Jahre findet Wurm mit dem Kleidungsstück zu einem weiteren Gegenstand, anhand dessen er seine Überlegungen zu den Grundqualitäten von Bildhauerei auslotet. Kleidung bezeichnet die äußere Schicht des menschlichen Körpers, sie wird einerseits aus zivilisatorischer Übereinkunft getragen, andererseits schützt sie den Menschen vor Umwelteinflüssen und dient somit dem Überleben der Gattung „homo sapiens“. Die Umrisslinien eines Kleidungsstückes sind klar definiert durch den Körperbau des Menschen, der sie trägt. Ist das Jackett ausgezogen und seiner Funktionalität entzogen, lässt es sich vortrefflich verformen.
Neben der Transformation von Volumen tritt in der weiteren Entwicklung des Werks ein zusätzlicher Aspekt hinzu: das Performative.
Wurm erweitert seinen Begriff von Skulptur auf menschliches Handeln im Bezug auf die Entstehung von dreidimensionalen Artefakten. Eine zentrale Werkgruppe bilden hierbei die „One Minute Sculptures“. Der Betrachter wird von Wurm aus seiner passiven, rein rezeptiven Rolle entlassen und einer Handlungsanweisung folgend aktiver Bestandteil einer Skulptur. Mit „Sigmund Freud modern….“ aus 2005 lädt der Bildhauer auf die Couch ein. Der Künstler mutet dem Betrachter mit seinen oftmals gewagten Anweisungen allerhand zu. Lässt sich der Anwesende auf das Experiment nicht ein, entsteht auch keine Skulptur. Einerseits wird der Teilnehmer manipuliert, anderseits liefert sich der Künstler ihm auch aus.
Der ironische Blick auf diese grenzüberschreitenden Handlungsstrategien kennzeichnet das Werk von Wurm. Er begegnet uns auch in anderen Gattungen des Œuvres. So zum Beispiel in der Fotoarbeit „We watch Karin, she watches something else“. Erwin Wurm erweitert die traditionelle Vorstellung von Skulptur radikal, seine interaktiven Arbeiten fordern nicht nur zur Partizipation auf, sondern die Gegenstände sind so gesetzt, dass der Einzelne sich völlig individuell einbringen kann. Die Besucher von Wurms Ausstellungen werden zur Okkupation eingeladen, das Kunstwerk entwächst dem Schöpfer. – Farbschicht stellenweise mit Fehlstellen. Allgemein guter Zustand.

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R = Regelbesteuerte Kunstwerke
N = Differenzbesteuerte Kunstobjekte mit Ursprung in einem Land außerhalb der EU
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