Beschreibung

Variante zu zwei Bildern desselben Motivs, die sich heute im Besitz des Staatlichen Russischen Museums in St. Petersburg befinden (vgl. Fedorow-Dawidow, Nr. 82).

Isaak Iljitsch Lewitan, Sohn einer verarmten jüdischen Lehrerfamilie, hatte früh auf eigenen Beinen im Leben stehen müssen, hatte Hunger und andere Entbehrungen ertragen, bis er schließlich mit fünfzehn Jahren in die Moskauer Landschaftsmalereiklasse von Alexei Sawrassow aufgenommen wurde. Dem französischen Vorbild der Schule von Barbizon folgend, förderte Sawrassow das Plein Air Studium als wesentlichen Bestandteil eines jeden künstlerischen Schaffensprozesses. In dieser Zeit entfachte sich Lewitans tiefe Verbundenheit zu den unendlichen Weiten der russischen Landschaft, die von nun an seine Bildwelten erfüllen sollten. Wie sein Freund, der Schriftsteller, Dramatiker und Armenarzt, Anton Tschechow gehörte auch Isaak Lewitan zu jenem Künstlerzirkel in Moskau, die sich als freie Intellektuelle und Stimme des russischen Volkes, den zaristisch-elitären Kunstkreisen von St. Petersburg entgegenstellten. Während Tschechow in seinen realistischen Alltagsstücken den kleinen Kosmos der einfachen Leute auf die Theaterbühnen des Landes brachte, inszenierte Lewitan Landschaften, in deren lyrischer Tiefe und schlichter Ernsthaftigkeit er die russische Volksseele reflektiert sah: „Unabhängig davon, ob die Darstellung der Natur mit den menschlichen Gefühlen übereinstimmt oder ihnen gegenübergestellt wird, immer drückt sie menschliche Gefühle und Gedanken aus. Es sind bloß verschiedene Varianten der Stimmungen und Erlebnisse.“ (Fedorow-Dawidow S. 53). Besonders in den letzten Schaffensjahren des seit 1897 schwer herzkranken Künstlers, entstanden beindruckend form – und farbreduzierte Motive, deren melancholische Poetik von der intensiven Auseinandersetzung Lewitans mit Todes- und Endzeitthematik zeugen. Stille und Einsamkeit werden der Dämmerung gleich, zur Grauzone zwischen hellem Tag und dunkler Nacht, zwischem lebensbejahendem Willen und tödlich geschwächten Leib.
Als Isaak Iljitsch Lewitan schließlich, im August 1900 in seinem Atelier in Moskau seinem Herzleiden erlag, hinterließ er rund 40 unvollendete Bilder und 300 Naturstudien. Mit Lewitan starb zu jung einer der bedeutendsten russischen Landschaftsmaler des 19. Jahrhunderts, dessen lyrische Landschaftsmalerei den Weg für avantgardistische Strömungen ebnete und dessen Motive die Seele eines ganzen Volkes berührt hatten. Anton Tschechow, der Freund und literarische Weggefährte, folgte ihm 1904, nach verlorenem Kampf gegen seine unheilbare Tuberkuloseerkrankug.
– Mit vier sorgfältig restaurierten Leinwandschäden, recto kleinere Retuschen, sonst gut.

Literatur: A.A. Fedorow-Dawidow, „Isaak Iljitsch Lewitan. Sein Leben und Werk: 1860-1900“, Aurora Kunstverlag, Leningrad 1981.

Auktion: Christie’s London/South Kensington, 17./18.12.1999, Los 85; Matsart Auctioneers and Appraisers, Israeli and International Art, 25.11.2007, Los 00123.

Provenienz: Sammlung Yakov Pereman, Tel Aviv.

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